In meinem vorherigen Blogbeitrag habe ich euch schon kurz ein paar Eckdaten und Infos zur Vorbereitung des Italy Divides serviert. In der Zwischenzeit bin ich seit über einem Monat im Ziel angekommen und werfe einen Blick zurück auf schöne, spannende, aber auch extrem herausfordernde Tage. Der Kurs, das Wetter, die Verpflegungslage und die Konkurrenz haben mir alles abverlangt. Und es hat einige Tage Regeneration gebraucht, bis ich wieder in alter Frische auf dem Rad gesessen habe.
Zurückgelegte Distanz: 1.355km – ja, das ist mehr als vom Veranstalter veranschlagt (da muss sich wohl jemand mal verfahren haben 😉)
Höhenmeter: 21.868 – die sich in manchen Abschnitten der Strecke stark „verdichten“, da lange Flachpassagen wie die über 200km lange Poebene mit nicht einmal 300 Höhenmetern kompensiert werden müssen.
Energiebedarf: 32.870 Kilokalorien – das entspricht 65 Big Macs der Franchisekette mit den goldenen Bögen
Gesamtzeit: 3d22h41m
Standzeit: 21h31m (enthält Schlafzeiten, aber auch alle anderen Zeiten, an denen sich das Rad nicht bewegt wie Ampel-/Verpflegungs-/Technikstopps)
Zeit in Bewegung: 3d00h57m
Schlafzeit: 4h30min (verteilt auf ein paar kürzere 20-30min Naps und einer längeren 40min- und 2h Schlafpause)
Platzierung: 2. Gesamtplatz
Temperatur: ~10° – 40°C
Soweit zu den nackten Zahlen. Doch wie fühlt sich das an? Was passiert in fast vier Tagen Reisens mit leichtem Gepäck, nur angetrieben von unzähligen Kalorien, die vom eigenen Organismus in kinetische Energie der Mensch-/Fahrradeinheit verwandelt werden?
Die Gefühlsfrage ist leicht beantwortet: von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt ist alles dabei. Doch eigentlich wollte ich euch auch noch wie gewohnt einen sehr viel ausführlicheren Einblick in mein Abenteuer Italy Divide 2021 geben. Aber irgendwie fehlt dieses Mal der innere Antrieb dies alles in Textform oder in einen ausführlichen YouTube Monolog zu fassen. Deshalb gibt es an dieser Stelle nur ein paar kommentierte Bilder meiner Reise. Da ich mich aber gerne über meine Erlebnisse unterhalte, könnte ich mir gut vorstellen das Ganze in einem PodCast zu verarbeiten. Wenn eine*r von euch also Lust hat mit mir dazu ins Gespräch zu kommen, dann meldet euch doch und wir unterhalten uns locker im Interviewmodus. Entweder – falls vorhanden – mit Veröffentlichung in eurem PodCast oder auf meinem YouTube Channel.
Hier schon einmal die Diashow – viel Spaß beim durch-swipen 😉
Vortag – die Vorfreude steigt
Registrierung am Nachmittag
Giacomo / Jack – der Organisator – bei der Registrierung
Pizzaparty am Vorabend (Deutsch-/Österreichischer Tisch in Italien)
Briefing durch Giacomo und englische Übersetzung der Key Messages 🙂
Renntag 1 – Zwischen Pompei und Rom
Gleich geht es los… möglichst lange im Schatten vor der Sonne verstecken
Smalltalk vor dem Start mit Matthias Fischer und Croissants mit Pistaziencremefüllung
Das Starterfeld formiert sich – gleich geht es los
Neutralisierte Phase durch Pompei – lockeres Einrollen in der Gruppe
Erster langer Anstieg auf den Vesuv – zum Glück auch ein paar Meter im Schatten der Bäume
Nach knöchelhohem Waten durch Lavasand am Vesuv erst einmal etwas Pediküre (photo credits: Nicola Marchiori)
Wenige Stunden im Rennen bereits eine sehr staubige Angelegenheit
In der Zwischenzeit auf Platz 1 vorgefahren strahlt der Bub 😉 (photo credits: Nicola Marchiori)
Am Meer angekommen geht es einige Kilometer auf der Küstenstraße dahin
Kurzer Verpflegungsstopp an der Uferpromenade
Schwarzes Ultracycling Gold (Coke) serviert mit italienischem Gebäck
Irgendwo hier in der Ecke muss ich auch beim Race Across Italy in der Nacht vorbeigekommen sein. Die Ortsnamen auf den Schildern kommen mir mehr sehr bekannt vor 😉
Wunderbare Aussicht aufs Meer
Sonnenuntergang – die Übergänge zwischen Tag und Nacht sind immer ein atmosphärisches Highlight auf der Langstrecke
Trails in der Nacht – endlich kühlt es ab (photo credits: Nicola Marchiori)
Pizza to go gegen Mitternacht
Renntag 2 – ab in die Toskana
In der Nacht wechseln sich Manuel Truccolo, Mattia de Marchi und ich an der Spitze des Feldes ab. Während ich nach Sonnenaufgang meinem Bike…
…und diversen Hautstellen etwas Pflege zukommen lasse…
…ziehen beide wieder an mir vorbei und ich werde Manuel erst am Nachmittag wieder sehen.
So genieße ich erst einmal die Fahrt durch Rom bevor die Touristen erwachen.
Sightseeing Rom
Alte Steine wohin das Auge blickt
Nach ein paar flachen Kilometern geht es in die Hügel der Toskana
mit wunderschönen Ausblicken, die man sich aber auch mit etlichen Höhenmetern verdient
Bei soviel Natur, wird man schon einmal von einem Verkehrsstau der besonderen Art ausgebremst, bevor es in die zweite Nacht geht.
Renntag 3 – ohne Treibstoff läuft der Motor nur im Standgas
In der zweiten Nacht überhole ich Mattia wieder, da er eine mehrstündige Schlafpause im Hotel einlegt und ich mich mit kurzen Naps begnüge. Am frühen Morgen treffen wir uns kurz beim Bäcker in Siena am berühmten Piazza del Campo
Ich bin gerade mit Essen fassen fertig, als er einläuft, um sich mit Kaffee und Croissants zu versorgen
Ich kann danach die Führung noch für ein oder zwei Stunden behaupten, aber dann rächt sich meine lange Nachtfahrt, in der ich für längere Zeit kein Essen und Trinken auftreiben konnte und ich erleide einen ziemlichen Leistungseinbruch.
Danach ist erst einmal langsam machen angesagt und Verpflegung jeglicher Form kommt zum Wiederauffüllen der Speicher gerade recht.
Die Sonne brennt auch an diesem Tag wieder erbarmungslos, aber die wunderbare Landschaft entschädigt für vieles und mit ein paar kurzen Naps und kontinuierlicher Nahrungsaufnahme kann ich mich wieder aus meinem Leistungstief herausarbeiten.
In Florenz angekommen belohne ich mich mit Aussicht auf die Stadt dann erst einmal…
…mit leckerem italienischem Eis.
Nach Florenz geht es in nicht enden wollendem auf und ab auch über ein paar größere Berge und der Belag ist von den sehr technischen Trails abgesehen auch auf „Schotterwegen“ sehr anspruchsvoll.
So komme ich deutlich langsamer vorwärts als gedacht…
…und muss vor Bologna noch eine Schlafpause einlegen. Dabei lasse ich das Licht am Helm ein paar Meter entfernt von mir brennen, um die Insektenplage zumindest etwas von mir abzulenken.
Renntag 4 – die Poebene macht ihrem Namen alle Ehre
Kurz vor der Dämmerung erreiche ich Bologna und muss mich mit dem Gedanken anfreunden…
…dass ich das ca. 200km lange Flachstück durch die Poebene wohl komplett in der Hitze des Tages absolvieren darf.
Da nutze ich vorsichtshalber noch schnell die städtische Infrastruktur für ein hochkalorisches Frühstück…
…bevor es wieder ins ländliche geht. Ein paar Stücke Pizza esse ich direkt vor Ort und zwei Stück Calzone landen in den Food Pouches am Lenker als Snack auf dem Rad.
Die darauf folgende Fahrt durch die Poebene gehört sicher zu den mental anspruchsvolleren Abschnitten, die ich bisher auf dem Rad erlebt habe.
Temperaturen zwischen 35° und 40°C, kaum Schatten und vom Höhenprofil an Langeweile kaum zu überbieten. Dazu noch Motivationsprobleme Zug auf der Kette zu halten, da der Führende Mattia in der Zwischenzeit einen großen Vorsprung hat und ich mich wiederum vom drittplatzierten Manuel deutlich absetzen konnte.
So halte ich mich unterwegs mit Magnumverkostung aus der Lagnesetruhe…
…bzw. Eis vom freundlichen Italiener bei Laune.
Den Beinen sieht man in der Zwischenzeit auch an, dass es vor allem auf der ersten Hälfte der Strecke regelmäßig zugewachsene Trails zu passieren galt.
Am frühen Abend erreiche ich endlich Verona…
…das auch das Ende der langen Flachetappe markiert.
Von hier aus geht es in den letzten Streckenabschnitt, der nochmals ein Feuerwerk an Höhenmetern zündet.
Zu meinem Verdruss habe ich in der Zwischenzeit Sitzprobleme in einer Intensität, wie ich sie bisher noch nie auf einer Langstrecke entwickelt habe….
Und selbst das Panorama der nahenden Berge in der Abendsonne kann mich nur bedingt ablenken. Da die Sitzprobleme im Verlauf der Nacht immer schlimmer werden, lege ich die letzten ca. 4.000 Höhenmeter fast ausschließlich im Wiegetritt zurück.
Renntag 5 – final Countdown
Eigentlich will ich die letzte Nacht vollends durchfahren. Aber in der Abfahrt hinunter ins Adigetal nach Avio kann ich die Augen nicht mehr offen halten und der Gleichgewichtssinn lässt spürbar nach. Also gibt es an Ort und Stelle einen letzten 20minütigen Powernap auf dem Grünstreifen.
So kann ich „erholt“ in den letzten langen Anstieg im Monte Baldo Massiv starten. Die letzten Kilometer zum Gardasee…
…zeigen sich am frühen Morgen von ihrer besten Seite.
In der letzten Abfahrt will die Milch im Reifen das Loch, das ich mir nachts eingefahren habe, auch mit wiederholtem Nachpumpen nicht mehr schließen. Aber mit einem Tireplug bekomme ich auch das in den Griff.
Da ich überhaupt nicht mehr sitzen kann, ziehen sich die letzten Kilometer noch wie Kaugummi. Aber ich kann die Nähe des Lago schon spüren und die Euphorie des nahenden Finish macht sich breit.
Als ich oberhalb von Torbole das erste Mal den See erblicke, halte ich noch kurz für ein paar Schnappschüsse….
…mit und ohne Fahrrad. Mein Equipment hat sich wieder top bewährt. Vielen Dank an dieser Stelle auch an meine Unterstützer Witttraining, ORBEA, Wolfpack, Power2Max, Apidura, Sponser, KASK Helmets und Royal Bike Wear!
Im Ziel in Torbole angekommen empfängt Giacomo jeden Finisher…
…und dreckig aber glücklich, darf ich auf dem Finisherthron Platz nehmen.
Ich freue mich riesig über meinen zweiten Platz und als Lohn der Anstrengung gibt es noch das Italy Divide Finishershirt obendrauf. Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle auch an Mattia de Marchi – ein ehemaliger Rennradprofi – der sich mit einer bärenstarken Leistung verdient den ersten Platz gesichert hat.
2 Tage Finisherparty
Im Ziel angekommen, checke ich erst einmal in einem nahe gelegenen Hotel ein und gönne mir eine Dusche.
Danach startet das Recoveryprogramm mit einem leckeren Frühstück.
Nach einem Mittagschlaf am See und etlichen Kugeln Eis, zieht es mich am Abend nochmal zu einem „kleinen Abendessen“…
…an dessen Ende mich die freundliche Dame an der Kasse fragt…
…ob noch eine zweite Person dazugestoßen sei 😉
Am nächsten Tag unterbreche ich meine Nahrungsaufnahme…
…um den ein oder anderen Finisher in Empfang zu nehmen…
…diesen zu gratulieren….
…und gemeinsam das Erlebte…
…in lockerer Runde zu verarbeiten…
…und die Energiespeicher weiter aufzufüllen. Ein perfekter Abschluss für dieses abenteuerliche Event!
das war dann doch um einiges härter, wie sich das als stiller Mitleser so im Kopfkino abgespielt hatte…deshalb nochmal riesen Glückwunsch und meine Anerkennung für die sportliche und mentale lesitung die du da wieder mal abgeliefert hast … ich ziehe den Hut bzw. Radhelm … der Joe
das war dann doch um einiges härter, wie sich das als stiller Mitleser so im Kopfkino abgespielt hatte…deshalb nochmal riesen Glückwunsch und meine Anerkennung für die sportliche und mentale lesitung die du da wieder mal abgeliefert hast … ich ziehe den Hut bzw. Radhelm … der Joe
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Danke Joe!
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