Race Across Germany – 1.100km – 7.500hm – 47h35min Einzelzeitfahren von Flensburg nach Garmisch

Race Across Germany – 1.100km – 7.500hm – 47h35min Einzelzeitfahren von Flensburg nach Garmisch

Bei meinem ersten Ultra Cycling Abenteuer wurde ich unterstützt durch „Bosch – My Insurance“ (www.bosch-my-insurance.de). Einen Bericht, den ich für das Bosch Intranet geschrieben habe, möchte ich auch gerne mit euch teilen, die mich über Facebook mit Durchhalteparolen unterstützt haben. Da die Mischung von Bildern und Text sich in Facebook Postings schwierig gestaltet ist dies auch mein erster Versuch mit WordPress 😉

Am 30.06. nach all der Vorbereitung war es dann endlich soweit und mein Team und ich standen gemeinsam mit 30 weiteren Teilnehmern an der Startrampe in Flensburg. Die Kurzzusammenfassung: es war verdammt hart, das Team ist alles, Mission accomplished.

 

 Die Details in fünf Akten hier im ausführlichen Bericht:

 

Die Challenge…

bestand darin die 1.100km als Einzelzeitfahren zu meistern. D.h. Windschattenfahren bei anderen Teilnehmern oder fremden Radfahrern war nicht gestattet – jeder Radler war mit seinem Begleitteam auf sich allein gestellt. Da es keine Einteilung in Etappen gab, konnte jeder Teilnehmer selbst entscheiden, ob und wie er seine Pausentaktik wählt. Da es meine erste Teilnahme an einem Ultra Cycling Rennen war und somit keine Erfahrungswerte zur Länge benötigter Schlafpausen und sonstiger Stopps vorhanden war, wurde im Vorfeld ein Plan auf Basis meiner Wunschzeit (48 Stunden) und Infos aus Erfahrungsberichten von Teilnehmern anderer Langstreckenevents erstellt. Konkret war meine Idee 5 längere Pausen (30-45min) für Massagen, Powernaps, Wartungsarbeiten am Rad und Kleidungswechsel zu nutzen, aber auch flexibel zu reagieren, wenn es die Situation erfordern würde.

Bosch_Express
Bosch Express

Und das tat sie…das Wetter war bereits zum Start von Dauerregen geprägt. Und dieser Dauerregen hielt auch die ersten ca. 28 Stunden mit nur kurzen Unterbrechungen an.

Dauerregen
Dauerregen

So wurde die erste Pause deutlich nach hinten verlegt, da wir immer in der (unerfüllten) Hoffnung weiterfuhren, dass es bald zu regnen aufhören würde und ich nach der Pause mit frischer, trockener Kleidung aufs Rad steigen könnte. Schlussendlich wurde vor Einbruch der Dunkelheit dann doch eine längere Pause mit Massage, Fahrradwartung, Lichtmontage und Kleidungswechsel eingelegt, obwohl die trockenen Sachen bereits wenige Kilometer nach der Pause wieder durchnässt sein sollten. Die Stimmung im Team und meine Motivation waren bis zur Pause trotzdem gut, da wir außer einem platten Vorderreifen und leichten Scheuerstellen in den Kniekehlen bisher keine Probleme hatten und auch sehr gut im gesteckten Zeitplan lagen.

Nachtfahrt
Nachtfahrt

So kämpften wir uns durch die Nacht (und das Bergland bei Kassel) und nach einer weiteren Massagepause im Morgengrauen, die ich auch für einen 5-minütigen Powernap nutzte wurde der zweite Tag eingeläutet.

Das Ziel…

die 48h Marke zu knacken (und damit die Qualifikationszeit zum Race Across America – RAAM – zu schaffen) war zu diesem Zeitpunkt noch realistisch, aber die ersten 600km im Dauerregen bei Temperaturen zwischen 10 und 15 Grad machten meinen Knien zusehends zu schaffen. Am späten Vormittag zeigte sich der Wettergott zwar von seiner gnädigen Seite und stoppte die Regenfluten (im Tausch gegen starke Seiten- und Gegenwinde), aber Schmerzen und eine Schwellung in den Knien ließen die Leistung deutlich sinken und der Zeitplan geriet immer mehr in Bedrängnis. Bei einer weiteren Physiobehandlung am Nachmittag war klar, dass das Ziel neu justiert werden musste und das neue realistische Ziel das Finish im Zeitlimit von 57h sein sollte.

Utas_magische_Haende
Utas magische Hände

So ging es dann Kilometer um Kilometer durch die hügelige Landschaft. Die reduzierte Geschwindigkeit und der warme Wind waren zwar schlecht für die Moral, aber scheinbar gut für meine Knie. Die Schmerzen ließen im Laufe der Zeit wieder nach und mit nachlassendem Schmerz kam auch die Leistung und höhere Geschwindigkeiten zurück. So ging es in den Abend und als das Teilnehmer-Tracking mich nur noch wenige Kilometer hinter dem amtierenden Deutschen 24h-Mountainbikemeister (Fritz Geers) zeigten und wir ihn dann sogar überholen konnten, war im Kopf wieder alles im Lot und ich musste mich sogar zurückhalten, um nicht deutlich zu schnell in die zweite Nacht zu radeln – die 48h Zielzeit waren wieder in greifbarer Nähe! Dieses Hoch hielt bis nach Mitternacht an, aber mit zunehmender Belastungsdauer und vielleicht auch der Kühle der Nacht kamen die Schmerzen in den Knien wieder unbarmherzig zurück. Kurz vor der Morgendämmerung forderte dann auch die Müdigkeit schließlich ihren Tribut und beim Anzeichen erster Halluzinationen und Sekundenschlafattacken wurde sofort die letzte längere Pause und damit ein 15-minütiger Powernap eingelegt. Die letzten 70km und Höhenmeter nach Garmisch wurden dann zur wahren Herausforderung des RAG. Die Knie wollten nicht mehr, das schlechte Wetter kam mit Regen zurück und der Kilometerzähler bewegte sich nur noch unendlich langsam vorwärts. Doch auch diese Stunden gingen – vor allem dank meines super motivierenden Teams – vorüber und mit der Einfahrt in den Zielbereich direkt vor der Olympiaschanze in Garmisch hat mich mein Körper auch mit einer Endorphindusche der Extraklasse belohnt. Die Strapazen waren zumindest für einen kurzen Moment vergessen und verdrängt durch das überschwängliche Glücksgefühl das RAG auf Platz 4 gefinisht und mit 47h35min sogar mit einer Qualifikation fürs Race Across America beendet zu haben.

Im_Ziel_in_Garmisch
Im Ziel in Garmisch

Die Verpflegung…

kann man durchaus als eintönig bezeichnen. Um kein Risiko mit Magenproblemen einzugehen wurde – beginnend mit dem Frühstück vor dem Rennen – während des gesamten RAG komplett auf Flüssignahrung gesetzt. D.h. penibel überwacht durch mein Begleitteam habe ich jede Stunde eine 200ml-Mahlzeit (300kcal) Ensure Plus „genossen“. Ensure Plus wird normalerweise bei gesundheitlich eingeschränkten Menschen zur enteralen Ernährung verwendet und ist in 6 allesamt klebrig-süßen und nach 2 Tagen Dauerkonsum nur noch mäßig leckeren Geschmacksrichtungen zu haben 🙂

Verpflegungsgenuss

Dazu gab es dann immer noch eine Fahrradflasche kohlenhydratreiches Isogetränk – je nach aktuellem Empfinden mal mit, mal ohne Koffeinzusatz. Da ich während dem gesamten RAG keinerlei verpflegungsbedingte Beschwerden oder Schwächephasen hatte, würde ich jederzeit wieder auf diese Strategie setzen.

Nach so viel einseitiger Ernährung während der Belastung, muss im Ziel natürlich für Ausgleich gesorgt werden:

Regenerationsbeschleuniger_im_Ziel
Regenerationsturbo im Ziel nach der Siegerehrung

 

Das Team…

ist neben einer guten körperlichen und mentalen Vorbereitung sicher der größte und nicht zu unterschätzende Erfolgsfaktor. Und ich hatte das beste Team, das man sich nur wünschen kann! Uta (Physio und Quell unerschöpflichen Wissens), Matthias und Andreas (je Wohnmobilfahrer, Mechaniker, Social Media Reporter, Fotografen, Mentalcoaches, …) hatten sich auf eine ziemlich langweilige Fahrt einmal längs durch Deutschland eingestellt. Bezeichnend, dass sie sich alle Studiumsunterlagen, Zeitungen und andere Ablenkung eingepackt hatten und meine größte Sorge im Vorfeld war eigentlich auch, dass sich die Crew zu Tode langweilt… doch nichts davon wurde wirklich gebraucht.

Team_Bosch_My_Insurance_im_Wohnmobil
Gesamtes Team (von links): Andreas, Uta, Jochen, Matthias

Das Team war mit meiner Verpflegung aus dem fahrenden Wohnmobil, Fotos schießen, Navigation, Massagen, Fahrradwartung, Aufladen diverser elektronischer Geräte und meiner Motivation mehr als ausgelastet und kam kaum dazu sich um die eigenen Belange wie Schlaf und Essen zu kümmern.

Elektrosmog
Elektrosmog (kleine Auswahl) im Wohnmombilfußraum

So hat in der Nacht zwar immer ein Crewmitglied versucht im Wechsel zu schlafen, aber das Geheimnis wie man in einem fahrenden Wohnmobil auf kurvigen Landstraßen gespickt mit vielen Ortsdurchfahrten erholsamen Schlaf findet, konnte nur Uta erfolgreich knacken. Das wichtigste technische Equipment, das wir neben meinem Fahrrad dabeihatten, war definitiv das Hightech-Headset, mit dem ich trotz Fahrtwind ohne Störgeräusche in dauerndem Kontakt mit meiner Crew stand. Und die Crew gab alles, um mich mit motivierenden und zum Teil auch sehr humorvollen Gesprächen bei Laune zu halten. Uta – als Quell unerschöpflichen Wissens – konnte zu wirklich jedem noch so obskuren Thema die Diskussionen mit detailreichem Fachwissen anheizen und war mit ihren magischen Händen und umfangreichem physiotherapeutischen Know-How ein Garant für schnelle Regeneration und deutlich reduzierte Beschwerden. Andis regelmäßige Fotos und Facebookpostings führten zu vielfältigen Kommentaren und Unterstützung aus meinem Familien-, Bekannten-, Freundes- und Kollegenkreises, die vorgelesen durch meine Crew immer wieder die Füllung für die notwendigen Motivationsspritzen lieferten. Und Matthias – einer meiner engsten Freunde – behielt in jeder Situation den Überblick, war mit helfender Hand immer genau da, wo gerade Not am Mann war und ließ es sich nicht nehmen am Nachmittag des zweiten Tages auch ein paar Kilometer an meiner Seite aufs Rad zu steigen (einen Bericht aus Sicht des Teams gibt es unten in den Kommentaren zum Beitrag).

Wartungsarbeiten_am_Radler
Wartungsarbeiten am Radler

Eine besondere Überraschung wartete am zweiten Tag in Person meines Mitarbeiters an der Strecke, der meine Position im Livetracking verfolgt hatte und sich als passionierter Radler für einige Kilometer unserem Team anschloss und mich auf dem Rad in der Nähe von Schweinfurt begleitete.

Kollegen_Besuch
Ein Bosch Kollege

 Mein Dank…

gilt zu aller erst meinen unschlagbaren Teammitgliedern, die jeder einzelne ihre Zeit, ihren Schlaf und jede Menge Energie in die Verwirklichung meines Traums investiert haben – und natürlich meiner Frau, die es mit einem leicht verrückten aushält. Ohne das Team wäre ich sicher nicht in Garmisch angekommen. Sie haben sich nicht zuletzt im Ziel, nachdem die Anspannung des Rennens abgefallen war, und ich mich für kurze Zeit dank Kreislauf- und Knieproblemen de Facto nicht mehr selbständig fortbewegen konnte, rührend um mich gekümmert. Dass das gemeinsame Erreichen des Ziels nicht selbstverständlich ist zeigt auch die Tatsache, dass knapp die Hälfte der Teilnehmer das Rennen – sicher auch wegen den schlechten Wetterbedingungen – vorzeitig beenden musste und nicht in Garmisch ankam.

Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch den top Support durch Bosch My Insurance, die sich von meinem Traum des Race Across Germany mitreißen ließen, und mich in vielfältiger Art und Weise unterstützt haben! We are Bosch 🙂

Team_Bosch_My_Insurance_am_Start
Team Bosch My Insurance am Start

 

 

6 Kommentare zu „Race Across Germany – 1.100km – 7.500hm – 47h35min Einzelzeitfahren von Flensburg nach Garmisch“

  1. Hut ab. Bei den Wetterbedingungen und dem Knie kannst Du sicher stolz auf Deine Leistung sein. Danke für den Bericht und Gratulation. Ich hoffe wir fahren mal wieder zusammen.

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